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Soziale Ungleichheit als Krankheitsrisiko für Herz-Kreislauferkrankungen – besonders für Frauen

Eine Studie unter Federführung des Max Delbrück Center hat ergeben, dass ein niedriger Bildungsstand und ein geringes Einkommen das Risiko für Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen stärker erhöhen als bei Männern. Die Studie unterstreicht die Bedeutung geschlechtsspezifischer Präventionsstrategien.

Eine wachsende Zahl von Studien berichtet über Geschlechtsunterschiede bei Erkrankungen wie etwa Schlaganfall, Herzinfarkt oder Bluthochdruck. „Aus bisherigen Studien ist bekannt, dass ein niedrigerer sozioökonomischer Status mit einem höheren Herz-Kreislaufrisiko verbunden ist. Welchen Zusammenhang der Sozialstatus auf das kardiovaskuläre Risikoprofil hat und insbesondere, ob sich dieser Zusammenhang bei Männern und Frauen unterscheidet, wurde in Deutschland bislang nur unzureichend erforscht“, sagt Professor Dr. Tobias Pischon, Letztautor der Publikation und Mitglied im Vorstand NAKO e.V. Die NAKO Gesundheitsstudie ist Deutschlands größte Langzeitstudie zur Erforschung von Volkskrankheiten.

Die Forschenden haben die Daten von 204.780 Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie aus dem Untersuchungszeitraum der Jahre 2014 bis 2019 ausgewertet. 50 Prozent der Teilnehmenden waren Frauen. Die Analyse bezog sich auf selbstberichtete Angaben zu sozioökonomischen Faktoren wie Bildungs- und Beschäftigungsstatus sowie Einkommensniveau, der Einnahme von blutdrucksenkenden Medikamenten, chronischen Vorerkrankungen, Lebensstilfaktoren wie Rauchen und Alkoholkonsum sowie gemessenen Werten aus den medizinischen Untersuchungen im NAKO-Studienzentrum wie zum Beispiel Blutdruck, Körpermaße oder Ergebnisse der Blutuntersuchungen. In den Berechnungen berücksichtigten die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler verschiedene Einflussfaktoren.

Herzinfarkt, Bluthochdruck, Übergewicht

Die Studie ergab, dass Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status im Vergleich zu Personen mit hoher Bildung und hohem Einkommen eher ein nachteiliges kardiovaskuläres Risikoprofil aufwiesen als die vergleichbare Gruppe an Männern. „Bei Frauen im Vergleich zu Männern war ein niedriger gegenüber einem hohen sozioökonomischen Status stärker mit Herzinfarkt, Bluthochdruck, Übergewicht, der Einnahme blutdrucksenkender Medikamente und riskantem aktuellem Alkoholkonsum assoziiert, aber – im Gegensatz zu Männern – weniger stark mit aktivem oder früherem Rauchen”, berichtet Dr. Ilais Moreno Velásquez, Wissenschaftlerin am Max Delbrück Center für Molekulare Medizin in Berlin-Buch. Darüber hinaus war die Wahrscheinlichkeit eines hohen Zehn-Jahres-Risikos für Herz-Kreislauferkrankungen bei Frauen mit niedrigem sozioökonomischem Status höher als bei Männern.

Das Team um den Epidemiologen Prof. Pischon plant, den Zusammenhängen weiter nachzugehen: „In unserer aktuellen Auswertung haben wir das Risiko zukünftiger Herz-Kreislauf-Ereignisse auf der Basis international etablierter Algorithmen geschätzt. Mit den vielen wissenschaftlich wertvollen Daten, die wir aus der NAKO-Studie durch die wiederholten Untersuchungen der Studienteilnehmenden gewinnen, werden wir diese Ergebnisse zukünftig im Hinblick auf neu aufgetretene Herz-Kreislauferkrankungen überprüfen können. Insgesamt deuten unsere Ergebnisse aber schon jetzt darauf hin, dass die Wahrscheinlichkeit für ein höheres kardiovaskuläres Risiko bei Frauen stärker vom Sozialstatus abhängt als bei Männern. Für unsere Gesundheitspolitik in Deutschland unterstreicht dies die Relevanz, auch soziale Ungleichheiten in Präventionsstrategien im Bereich der Herz-Kreislauferkrankungen zu berücksichtigen”, schlussfolgert Prof. Pischon.

Weitere Informationen

Weitere Informationen im Internet
Arbeitsgruppe Molekulare Epidemiologie am MDC
German National Cohort data accessable for research

Originalpublikation
Moreno Velásquez I, Peters S A E, Dragano N et al. Sex Differences in the Relationship of Socioeconomic Position with Cardiovascular Disease, Cardiovascular Risk Factors, and Estimated Cardiovascular Disease Risk: Results of the German National Cohort. J Am Heart Assoc 2025. https://doi.org/10.1161/JAHA.124.038708

Kontakt
Dr. Ilais Moreno Velásquez
Forschungsgruppe Molekulare Epidemiologie 
Arbeitsgruppe Prof. Dr. Tobias Pischon
Max Delbrück Center für Molekulare Medizin (MDC)
Robert‐Rössle‐Straße 10
13125 Berlin
ilais.morenovelasquez@mdc-berlin.de

Ansprechpartner für die Presse

Dr. Friederike Fellenberg
NAKO Gesundheitsstudie
Leiterin Projekt- und Wissenschaftskommunikation
Am Taubenfeld 21/2
69123 Heidelberg
Tel.: +49 6221 42620-62
E-Mail: friederike.fellenberg@nako.de

NAKO Gesundheitsstudie

Die NAKO Gesundheitsstudie ist die größte Langzeit-Bevölkerungsstudie in Deutschland. In 18 Studienzentren werden seit 2014 über 200.000 zufällig ausgewählte Personen medizinisch untersucht und nach ihren Lebensgewohnheiten befragt. Zum Start der Studie waren die Teilnehmenden im Alter von 20 – 69 Jahren. 

Die NAKO Gesundheitsstudie ist eine prospektive epidemiologische Kohortenstudie. Die Forschenden beobachten dabei eine große Gruppe, eine sogenannte Kohorte, aus gesunden, kranken oder ehemals kranken Menschen über eine lange Zeitspanne. Ziel ist es, durch wissenschaftliche Auswertungen der Daten der Teilnehmenden, Häufigkeit und Ursachen von Volkskrankheiten wie beispielsweise Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen aufzuklären, Risikofaktoren zu erkennen und Wege für eine wirksame Vorbeugung und Früherkennung aufzuzeigen. 

Das Forschungsprojekt wird von 26 Einrichtungen getragen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Universitäten, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und weiteren Forschungsinstituten in Deutschland arbeiten in einem bundesweiten Netzwerk zusammen. Die Studie wird vom Verein NAKO e.V. durchgeführt. Finanziert wird sie aus öffentlichen Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Helmholtz-Gemeinschaft und der beteiligten Bundesländer.  

www.nako.de

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