
Ich bin Noemi Tigrato, studentische Hilfskraft in der Projektkommunikation der NAKO-Geschäftsstelle. Im August habe ich einen Teilnehmer der Drittuntersuchnung im Studienzentrum Mannheim begleitet. Hier berichte ich über meine Erfahrungen.
Es piept. Die Studienassistentin scannt das nächste Röhrchen, der QR-Code blinkt kurz auf, dann Stille. Der NAKO-Teilnehmer sitzt aufrecht, beide Füße fest auf dem Boden, die Hände ruhen auf den Oberschenkeln. „Zwei Messungen, zwei Minuten Pause“, sagt sie und tastet den Puls. Der Stuhl ist millimetergenau eingestellt, die Manschette sitzt, der Blick geht geradeaus. Was hier wie Routine wirkt, sind hochpräzise Abläufe: Einwilligung ausführlich erklären, Datenschutz in verständlichen Worten, Medikamentenliste prüfen, laminierte Karten führen die Studienassistentin von Frage für Frage. Dann Blut abnehmen, knapp 70 Milliliter in farbige Röhrchen für das Blutbild, Blutgasanalyse und zwei kleine Portionen für die Bioprobensammlung. Wieder piept es, wieder ein Scan. Nebenan warten Ultraschall und Elektrokardiogramm, ein Kreuz aus dünnen Linien markiert exakt, wo die Elektroden landen.
Ein Tag in der NAKO Gesundheitsstudie am Studienzentrum in Mannheim beginnt mit ein wenig Smalltalk, und vielen Handgriffen, die tausendmal geübt wurden. Genau darin steckt die Geschichte: Wie aus Ritualen verlässliche Daten für die Forschung werden und warum Teilnehmende das als „Win-win“ erleben.

Am Anfang steht die Aufklärung, in Ruhe, ausführlich und verständlich. Die Einwilligung gilt für fünf Jahre, sie wird nicht einfach unterschrieben, sondern zuvor detailliert besprochen und erklärt. Welche Bioproben werden entnommen? Wie werden Daten pseudonymisiert, sodass sie im Rahmen der NAKO-Forschungsprojekte nicht einzelnen Teilnehmenden zugeordnet werden können? Und was steht später im Ergebnisbrief? Auch Themen wie internationale Forschungskooperationen und Datenschutz kommen zur Sprache.
Medikamente, Befunde, Lebensstilfaktoren – der Blick aufs Ganze
Der Teilnehmer des heutigen Tages hat seine Medikamentenbox mitgebracht, Befunde der letzten fünf Jahre liegen bereit. Eine laminierte Checkliste führt strukturiert durch jedes Präparat. Wofür? Weil Kontexte zählen. Medikamente, Vorerkrankungen und Lebensstil werden später mit Messdaten zusammengeführt. Für Forschende ist diese Tiefe von unschätzbarem Wert, denn sie macht Hypothesen prüfbar und Ergebnisse valide.
Der Blutdruck wird standardisiert mit zwei Messungen und einer Pause dazwischen gemacht. Es darf, auch wenn es schwer fällt in diesem Moment keine Unterhaltung stattfinden, um die Ergebnisse nicht zu verfälschen. Standardisierung klingt trocken, ist aber der Kern der guten Datenqualität. Dasselbe standardisierte Prinzip zieht sich durch die weiteren Untersuchungen: Körpergröße, Gewicht, Körperzusammensetzung (Muskeln, Fett, Wasser). Die Gefäßsteifigkeit der Arterien wird erfasst, die Durchblutung der Beine geprüft. Bei der Messung der Lungenfunktion nimmt die Studienassistentin die Teilnehmenden aktiv mit: „Ein… ein… ein… und jetzt raus, raus, halten!“ – mit Fußstampfen und Klatschen, damit das Timing stimmt.




Denken, riechen, greifen – die Kognition im Test
Im kognitiven Teil wechseln die Aufgaben schnell: In einer Minute so viele Begriffe zu einem genannten Thema wie möglich nennen, oder Zahlenreihen, die rückwärts wiedergegeben werden müssen. Der Riechtest legt zwölf Duftstifte vor; aus vier Optionen gilt es, den richtigen Duft zu wählen. Beim Greiftest wird die maximale Kraft beider Hände gemessen, und die Teilnehmenden erhalten direktes Feedback, wo sie im Vergleich zur eigenen Altersgruppe stehen. Das fühlt sich nicht nach „Laborratte“ an, sondern nach echtem Erkenntnisgewinn – für den Einzelnen ebenso wie später für die Forschung.
Tipp: Hier finden Sie Informationen zu allen Untersuchungen im Rahmen der NAKO Gesundheitsstudie
Hinter der Scheibe: Labor & Logistik
Kaum sind die Proben entnommen, beginnt der zweite Teil der standardisierten Abläufe: Zentrifugieren, den Buffy Coat gewinnen, aliquotieren und dokumentieren. Der Buffy Coat ist die Schicht aus Leukozyten und Thrombozyten, die nach dem Zentrifugieren sichtbar wird. Urin wird verarbeitet und begutachtet, Befunde gehen an die zentrale Auswertung. Ein Pipettierroboter übernimmt das präzise Abfüllen der vielen Proben. Kleine Röhrchen werden sortiert, gelagert und verschickt, teils an zentrale Labore.
Das dauerhafte Piepen der Scanner ist der Soundtrack der Nachvollziehbarkeit. Jeder Schritt wird verknüpft, jede Probe sorgfältig verarbeitet.



Wer hier arbeitet, bringt unterschiedliche Hintergründe mit: Pflege, Zahnmedizinassistenz, Fragebogen-Teams – viele sind seit Jahren dabei. Man merkt die Erfahrung. Respekt ist der Grundton. Studienassistentinnen und -assistenten betreuen entweder die gesamte vierstündige Untersuchung der Tests und Fragebögen, so auch bei diesem Besuch. Andere sind nur für bestimmte Aufgaben zuständig, und die Teilnehmenden wechseln die Untersuchungsräume.
Was die Teilnehmenden davon haben
„Win-win“, berichtet die Studienassistentin, und das hört sie oft. Das liegt an den regelmäßige Checks, den Vergleichswerte zur eigenen Altersgruppe und einem Ergebnisbrief mit verständlichen Rückmeldungen. Auch der heutige Studienteilnehmer formuliert es so – eine Win-win-Situation. „Man ist einfach beruhigt und fühlt sich wohler dabei, alle paar Jahre untersucht zu werden“, sagt er.
Auf die Einladung zur NAKO Gesundheitsstudie hat er damals ohne Zögern reagiert. Er arbeitet bei einer Krankenkasse und wusste daher, wie wichtig groß angelegte Gesundheitsstudien für Prävention und Versorgung sind. Bedenken hatte er keine, „Nein, alles gut“, meint er schlicht. „Nichts Unangenehmes.“
Was ihn besonders überzeugt, ist der langfristige Nutzen der Studie. „Die Angaben werden mit anderen Teilnehmenden verglichen, und daraus lernt man weiter – auch für die nächste Generation“. Er erlebt die NAKO als offen, direkt und persönlich. Vor allem aber bleibt das Gefühl, etwas Sinnvolles für die Gesellschaft beizutragen.
Am Ende des Tages liegt auf dem Tisch ein sauberer Datensatz – das Ergebnis unzähliger kleiner, richtig gemachter Schritte. Genau diese Sorgfalt macht die NAKO-Daten wertvoll: für Herz-Kreislauf-Fragestellungen, Stoffwechsel, Neurologie, Psychologie und letztendlich für Prävention und Versorgung.
Im Studienzentrum wird Forschung greifbar: in verschiedenen Düften beim Riechtest, in Zahlenreihen, QR-Code-Piepsern und in einer Hand, die so fest wie möglich zudrückt.