Welche Rolle spielt die NAKO Gesundheitsstudie für die Krebsforschung?

Zum Tag der Gesundheitsforschung haben wir Dr. Verena Katzke vom Deutschen Krebsforschungszentrum (DKFZ) in Heidelberg interviewt. Mit uns hat sie unter anderem über die Rolle der NAKO Gesundheitsstudie in der Krebsforschung, die am häufigsten auftretenden Krebsarten und verschiedene Risikofaktoren gesprochen. 

Gibt es Krebsarten, die mittlerweile häufiger auftreten als früher?

Lungenkrebs tritt bei Frauen häufiger auf, der Anstieg ist mit der zunehmenden Rauchprävalenz bei Frauen zu erklären. Bei Männern ist der Trend umgekehrt, sowohl sank die Rauchprävalenz als auch die Lungenkrebshäufigkeit. Auch Krebserkrankungen des Magens und des Darms sind rückläufig, um mehr als 20% in den letzten 10 Jahren.

Gibt es signifikante Unterschiede zwischen den Geschlechtern im Hinblick auf die am häufigsten auftretenden Krebsarten?

Bei Frauen tritt Brustkrebs – 30 Prozent aller Neuerkrankungen – am häufigsten auf, gefolgt von Darm (11,5 Prozent) und Lunge (9,4 Prozent). Bei Männern ist der häufigste Krebs der der Prostata (24,6 Prozent), gefolgt von Lunge (13,3 Prozent) und Darm (12,8 Prozent). Darmkrebs wird zum Beispiel. bei einem von 15 Männern und bei einer von 19 Frauen diagnostiziert. Vermutlich sind die Risikofaktoren in den Geschlechtern unterschiedlich stark präsent und daher der Krebs bei Männern häufiger als bei Frauen; weitere Risikofaktoren sind Tabakkonsum und Übergewicht, gefolgt von Bewegungsmangel, ungünstiger Ernährung und Alkoholmissbrauch.

Welche Krebsarten treten eher im hohen Alter auf? Welche im jungen?

Im Durchschnitt werden Krebserkrankungen jenseits des 65. Lebensjahrs diagnostiziert und für fast alle Krebsarten steigt das Erkrankungsrisiko mit zunehmendem Alter an. Bei Darmkrebs zum Beispiel beträgt das mittlere Erkrankungsalter 75 für Frauen und 72 für Männer: die Hälfte der Fälle werden zuvor und die andere Hälfte nach diesem Alter diagnostiziert. Bei Lungenkrebs liegt dieses Alter bei 69 für Frauen und bei 70 für Männer. Ein vergleichsweise niedriges mittleres Erkrankungsalter ist mit 62 Jahren bei Frauen für das maligne Melanom der Haut und mit 55 beim Gebärmutterhals zu verzeichnen. Bei letzterem unterscheiden sich die Erkrankungsraten zwischen dem Altern von 35 bis 70 nur minimal.
Im Gegensatz zu fast allen anderen Krebserkrankungen treten die meisten, dennoch seltenen Fälle von Hodenkrebs in einem vergleichsweise frühen Alter – zwischen 25 und 45 Jahren – auf. Auch das mittlere Erkrankungsalter von Schilddrüsenkrebs liegt vergleichsweise niedrige, 51 bei Frauen und 56 bei Männern. Allerdings erkrankt man am Hodgkin-Lymphom, einer seltener Erkrankung, relativ häufig schon zwischen dem 10. und dem 35. Lebensjahr.

Welche Krebsart ist am gefährlichsten?

In Bezug auf die Überlebenswahrscheinlichkeit kann man verallgemeinert sagen, dass je später in der Entwicklung ein Tumor entdeckt wird, desto „gefährlicher“ ist er. Denn es haben sich zumeist dann fortgeschrittene Tumore gebildet, deren Behandlungen weniger erfolgsversprechend sind. Allen voran sind das Tumore, die, per se, in den meisten Fällen erst spät diagnostiziert werden, wie Tumore der Lunge, der Ovarien, der Leber oder der Bauchspeicheldrüse. Die sogenannte „Fünf-Jahres-Überlebensrate“ liegt in der Regel unter 10 Prozent, das bedeutet, dass mehr als 90 Prozent der daran Erkrankten innerhalb der ersten fünf Jahre nach der Diagnosestellung versterben. Im Vergleich dazu sind die Überlebensraten für Brust- oder Prostatakrebs relativ hoch, sie liegen bei 80-90 Prozent– jedoch in Abhängigkeit vom Tumorstadium.

Welche Rolle spielt die NAKO Gesundheitsstudie für die Krebsforschung?

Bislang bekannte Risikofaktoren für verschiedene Krebsarten sind vielfältig. Trotz mehrerer Studien sind die spezifischen Lebensstilfaktoren nur zum Teil identifiziert worden. Der NAKO Gesundheitsstudie kommt daher die entscheidende Rolle zu, durch umfangreiche Studien – insbesondere in den Bereichen „körperliche Aktivität“, „übermäßigem Körpergewicht“, „Stoffwechsel“, „Ernährung“, „chronischen Infektionen“ und „Immunfunktion“ – diese charakteristischen Lebensstilfaktoren zu identifizieren. Im Rahmen der Einschätzung von Gesamtkrebsrisiken wird auch sozioökonomischen und geographischen Unterschieden sowie die mögliche schwankende Inanspruchnahme der Gesundheitsversorgung (z.B. Screening-Teilnahme) in der NAKO besondere Aufmerksamkeit gewidmet.

Welche Rolle spielen Krebsregisterdaten?

Bei der Erfassung und Validierung von Krebserkrankungen ist für die NAKO Gesundheitsstudie eine Kombination von mehreren Methoden geplant, konkret: die Erfassung von Selbstangaben und deren Validierung durch eingeholte Arztunterlagen sowie die Verknüpfung mit Krankenkassen und Krebsregistern. Von allen drei Strategien, die in der NAKO angewendet werden, gelten Krebsregister als zuverlässigste Ressource mit nahezu vollständigen und qualitätskontrollierten Daten sowie zahlreichen Variablen zur Beschreibung und Charakterisierung von Krebserkrankungen.

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