Kognitive Leistungsfähigkeit und sozioökonomische Faktoren: Erkenntnisse aus der NAKO Gesundheitsstudie 

Um auch im Alter noch möglichst lange geistig fit zu bleiben, ist es wichtig, zu verstehen, welche Risikofaktoren die kognitive Leistungsfähigkeit frühzeitig beeinträchtigen könnten. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler unter Federführung des Deutschen Zentrums für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Greifswald und dem Institut für Sozialmedizin, Arbeitsmedizin und Public Health (ISAP) der Universität Leipzig haben anhand der Daten der NAKO Gesundheitsstudie den Zusammenhang zwischen Aspekten der sozioökonomischen Ungleichheit und kognitiver Leistungsfähigkeit untersucht. Sie konnten beobachten, dass eine Assoziation zwischen kognitiver Leistungsfähigkeit, insbesondere auch mit zunehmendem Alter, und den Lebensbedingungen besteht. Zukünftige Analysen sollen die Prozesse dahinter genauer erforschen, um Wege zu finden, wie die kognitive Gesundheit in diesen Bevölkerungsgruppen verbessert werden kann. 

Die Teilnehmenden der NAKO Gesundheitsstudie, Deutschlands größter Bevölkerungsstudie, werden seit 2014 wiederholt in die Studienzentren zu medizinischen Untersuchungen eingeladen. Zu den Untersuchungen gehören auch neuropsychologische Tests. Dies sind etablierte Verfahren, um Veränderungen der kognitiven Leistungsfähigkeit im Lebensverlauf zu erfassen. Bei den sogenannten Aufmerksamkeits-, Konzentrations- und Gedächtnistests geht es beispielsweise darum, in einer bestimmten Zeit so viele Wörter einer Kategorie wie möglich zu nennen, oder sich Begriffe zu merken.  

Ergebnisse der neuropsychologischen Tests von 158.144 Teilnehmenden der NAKO-Basisuntersuchung sowie selbstberichtete Angaben zu sozioökonomischen Faktoren und Erkrankungen waren Grundlage der aktuellen Auswertung. „Es ist bekannt, dass die kognitive Leistungsfähigkeit mit zunehmendem Alter abnimmt; das beginnt tatsächlich schon im mittleren Lebensalter. Um besser zu verstehen, welche Bedingungen dabei eine Rolle spielen, haben wir analysiert, ob ein Zusammenhang zwischen kognitiven Fähigkeiten und der sozioökonomischen Situation besteht“, berichtet PD Dr. Francisca Rodriguez, Leiterin der Arbeitsgruppe „Psychosoziale Epidemiologie und öffentliche Gesundheit” am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE). Konkret angeschaut wurde der mögliche Einfluss von Arbeitslosigkeit, Alleinleben sowie der Einkommenssituation. Beim Einkommen wurde zwischen Menschen, die oberhalb und unterhalb der von der Bundesregierung Deutschlands berichteten Armutsgrenze leben, unterschieden. 

Die Analyse zeigte, dass die kognitive Leistungsfähigkeit insbesondere bei Personen mit einem Einkommen unterhalb der Armutsgrenze im Vergleich zu Personen mit Einkommen oberhalb der Armutsgrenze geringer war. Diese Unterschiede in der kognitiven Leistungsfähigkeit waren ausgeprägter mit zunehmendem Alter. Die Möglichkeit einer umgekehrten Kausalität, ist bei der Interpretation der Ergebnisse aber nicht auszuschließen. Das heißt zum Beispiel, dass Menschen mit einem schnelleren kognitiven Abbau möglicherweise Schwierigkeiten haben, ein höheres Einkommen zu erzielen. „Für Menschen, die allein leben, haben wir nur eine geringe Assoziation mit der kognitiven Leistungsfähigkeit beobachtet. Wir gehen daher davon aus, dass das soziale Netzwerk einer Person von größerer Bedeutung sein könnte als das Alleinleben”, erklärt PD Dr. Francisca Rodriguez. „Unsere Ergebnisse zeigen, dass ausreichend finanzielle Ressourcen möglicherweise wichtig für den Erhalt der kognitiven Leistungsfähigkeit im höheren Alter sein könnten. Kognitive Fähigkeiten benötigen wir, um zu kommunizieren, Texte zu verstehen und Entscheidungen zu treffen. All das ist wichtig, um ein aktiver Teil unserer Gesellschaft zu sein und im späteren Leben auch zu bleiben. Daher ist es von entscheidender Bedeutung, Wege zu erforschen, wie kognitive Fähigkeiten insbesondere auch bei Personen, die wenig Geld zur Verfügung haben, schon früh im Leben gefördert und im späteren Leben aufrechterhalten werden können.”

Weitere Informationen

Originalpublikation 

Rodriguez, F. S., Röhr, S., Dragano, N. et al. Low income, being without employment, and living alone: how they are associated with cognitive functioning—Results from the German national cohort (NAKO). 2024 Aging, Neuropsychology, and Cognition, 1–16. https://doi.org/10.1080/13825585.2024.2438825 

Kontakt 

PD Dr. Francisca S. Rodriguez  
Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)  
Ellernholzstr. 1-2 
17489  Greifswald 
francisca-saveria.rodriguez@dzne.de 

Weitere Informationen im Internet 

Deutsches Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE)

Press release in English

Ansprechpartner für die Presse

Dr. Friederike Fellenberg
NAKO Gesundheitsstudie
Leiterin Projekt- und Wissenschaftskommunikation
Am Taubenfeld 21/2
69123 Heidelberg
Tel.: +49 6221 42620-62
E-Mail: friederike.fellenberg@nako.de

NAKO Gesundheitsstudie

Die NAKO Gesundheitsstudie ist die größte Langzeit-Bevölkerungsstudie in Deutschland. In 18 Studienzentren werden seit 2014 über 200.000 zufällig ausgewählte Personen medizinisch untersucht und nach ihren Lebensgewohnheiten befragt. Zum Start der Studie waren die Teilnehmenden im Alter von 20 – 69 Jahren. 

Die NAKO Gesundheitsstudie ist eine prospektive epidemiologische Kohortenstudie. Die Forschenden beobachten dabei eine große Gruppe, eine sogenannte Kohorte, aus gesunden, kranken oder ehemals kranken Menschen über eine lange Zeitspanne. Ziel ist es, durch wissenschaftliche Auswertungen der Daten der Teilnehmenden, Häufigkeit und Ursachen von Volkskrankheiten wie beispielsweise Krebs, Diabetes oder Herz-Kreislauferkrankungen aufzuklären, Risikofaktoren zu erkennen und Wege für eine wirksame Vorbeugung und Früherkennung aufzuzeigen. 

Das Forschungsprojekt wird von 26 Einrichtungen getragen. Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler von Universitäten, der Helmholtz-Gemeinschaft, der Leibniz-Gemeinschaft und weiteren Forschungsinstituten in Deutschland arbeiten in einem bundesweiten Netzwerk zusammen. Die Studie wird vom Verein NAKO e.V. durchgeführt. Finanziert wird sie aus öffentlichen Mitteln des Bundesministeriums für Bildung und Forschung (BMBF), der Helmholtz-Gemeinschaft und der beteiligten Bundesländer.  

www.nako.de

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