Die Auswertung komplexer und umfangreicher, durch dreidimensionale Bildgebung mittels Magnetresonanztomographie (MRT) gewonnener Daten stellt eine große Herausforderung dar, denn die erhobenen Bilddaten lassen sich nur schwer im Detail visuell durch Experten auswerten und vermessen.
In zwei zusammenhängenden Arbeiten haben sich die Autorinnen und Autoren mit der wissenschaftlichen Frage beschäftigt, wie Künstliche Intelligenz (KI) dabei helfen kann, Bilddaten der NAKO Gesundheitsstudie auszuwerten.
Die erste der zwei Arbeiten beschreibt die Entwicklung und Anwendung von KI-Algorithmen zur automatischen Erkennung und Vermessung von Organen – konkret der Leber, der Milz, der Nieren und der Bauchspeicheldrüse, denn eines der Ziele der NAKO-Studie liegt darin zu erfassen, welche Veränderungen Individuen und Organe im Laufe des Alterungsprozesses oder abhängig von Umwelteinflüssen durchlaufen. Die Autoren konnten zeigen, dass diese Aufgabe durch Anwendung sogenannter neuronaler Netze mit hoher Genauigkeit voll-automatisiert durchgeführt werden kann.
„Wir konnten diese Methoden erfolgreich auf 20.000 MRT-Datensätzen der NAKO und einer vergleichbaren Studie aus dem Vereinigten Königreich (UK Biobank) anwenden“, sagt Professor Dr. Sergios Gatidis von der Universität Tübingen und Max-Planck-Institut f. Intelligente Systeme Tübingen sowie Mitglied der MRT-Expertengruppe in der NAKO Gesundheitsstudie.
Die zweite Arbeit baut auf den Ergebnissen der ersten Studie auf und untersucht, inwiefern Bilddaten aus NAKO und UK Biobank zusammen ausgewertet werden können. „Der Vorteil einer solchen gemeinsamen Auswertung liegt in einem deutlich höheren Informationsgewinn“, berichtet der Experte. „Wenn man bedenkt, dass in der UK Biobank vor allem ältere Individuen untersucht wurden, würde eine Kombination mit NAKO-Daten die Betrachtung einer deutlich weiteren Altersspanne ermöglichen“. Laut Studie lassen sich Daten aus beiden epidemiologischen Studien tatsächlich kombiniert auswerten. Zur Harmonisierung der Daten zwischen den zwei Studien verwendeten die Forscherinnen und Forscher ein spezielles mathematisches Verfahren. Dadurch wurde es möglich, Eigenschaften von Organen, wie deren Größe oder Fettgehalt, im Kontext individueller Faktoren wie Alter, Geschlecht oder Körpergröße genau zu bestimmen.
In der für die zitierten Arbeiten entwickelten KI-Methodik sehen die Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler das Potenzial, Bilddaten aus der NAKO Studie in zukünftigen wissenschaftlichen Projekten detailliert auszuwerten und mit weiteren Informationen, wie etwa Laborergebnissen zu verbinden.
Professor Dr. Sergios Gatidis von der Universität Tübingen und dem Max-Planck-Institut f. Intelligente Systeme Tübingen, Mitglied der MRT-Expertengruppe
„Erkenntnisse aus dieser Forschung führen zu einem besseren Verständnis des Auftretens von Erkrankungen und könnten schließlich auch die Prävention, Diagnostik und Therapie von Erkrankungen verbessern“, sagt der Wissenschaftler.