Prof. Dr. Beate Ritz ist Epidemiologin am Environmental Health Department der UCLA School of Public Health und Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der NAKO Gesundheitsstudie. Mit uns hat sie über ihren Werdegang als Wissenschaftlerin, ihre Forschung und die Rolle der NAKO in der Epidemiologie gesprochen.
- Was war Ihre Motivation, Wissenschaftlerin zu werden?
Ich habe Medizin studiert, aber mir wurde nach dem Physikum schnell klar, dass ich für die Arbeit in einem Krankenhaus nicht geeignet bin. 1980 wurde ich Mitglied der Arbeitsgruppe Medizinsoziologie an der Uni Hamburg. Wir haben damals noch mit Großraumrechnern und Lochkarten programmiert – das waren wirklich die Urzeiten des Rechnens. 😊 Dennoch ich fand es viel spannender, Daten zu erheben und zu analysieren als Patienten zu behandeln. Mein Medizinstudium habe ich noch beendet, und direkt danach in Medizinsoziologie promoviert. Das hat mir sehr viel Spaß gemacht, aber ich habe schnell realisiert, dass ich, um in diesem Forschungsfeld einen Arbeitsplatz zu bekommen, noch eine Zusatzausbildung in Epidemiologie brauche. Daher habe ich in den USA Epidemiologie studiert. Das wurde damals vom Deutschen Akademischen Austauschdienst gefördert. Von dem Moment an, als ich in die USA ging, wusste ich ganz genau, was ich machen wollte.
- Wie kam es dazu, dass Sie Mitglied des wissenschaftlichen Beirats der NAKO Gesundheitsstudie wurden?
Ich habe früher bereits für die Helmholtz-Gemeinschaft Deutscher Forschungszentren gearbeitet. Mit einigen Wissenschaftlern und Wissenschaftlerinnen von damals, die schon seit den frühen Anfängen der NAKO an der Studie beteiligt waren, habe ich über die Jahre Kontakt gehalten. Mitglied im wissenschaftlichen Beirat wurde ich letztendlich, weil ich mich wieder stärker im europäischen Raum engagieren wollte. Ich freue mich sehr, durch die NAKO wieder in Deutschland forschen zu können.
- An wie vielen epidemiologischen Studien haben Sie bereits geforscht und gibt es eine Studie, die Ihnen besonders viel bedeutet hat?
Ich war bereits an 60-80 Projekten beteiligt – das liegt daran, dass ich in mehreren Arbeitsfeldern aktiv forsche. Ich habe unter anderem die neurologischen Auswirkungen von Luftverschmutzung und Pestiziden untersucht, die Zusammenhänge zwischen Krebs und Umweltschäden, und zwischen Krebs und Arbeitsbelastung. Bei einigen Projekten habe ich mit dem Krebsregister und dem Autismusregister von Kalifornien gearbeitet. Ich war auch schon an Studien in den Bereichen Krebs und Autismus in Dänemark beteiligt und ich leitete dort für einige Jahre die bisher größte Parkinson-, Umwelt- and Genetik-Studie. Meine Forschung ist sehr breit gefächert.
Am meisten bedeutet mir eine Studie zum Thema Parkinson und Pestizide in Kalifornien. Diese begann im Jahr 2000 und ich arbeite jetzt seit mehr als 22 Jahren daran. Mittlerweile gibt es zum Glück ein Parkinsonregister in Kalifornien, aber ich erinnere mich noch gut daran, wie ich zu Beginn der Studie von Krankenhaus zu Krankenhaus und von Arztpraxis zu Arztpraxis getingelt bin, um Teilnehmer und Teilnehmerinnen mit Parkinson zu rekrutieren. In der Studie untersuchen wir u. a., ob Parkinson im Magen-Darm-Trakt beginnt.
Wir haben schon einiges geschafft: Es gab bereits an die 100 Veröffentlichungen und mittlerweile ist die Studie eine der am längsten laufenden epidemiologischen Parkinson-Studien weltweit.
Wenn man ein Leben lang an einer Sache forscht und Ressourcen aufbaut, braucht man einen Erben, der diese übernimmt. Ich werde voraussichtlich in 6-7 Jahren in Rente gehen und bin froh, dass es eine junge Kollegin gibt, die voraussichtlich die Leitung der Studie übernehmen wird.