(Quelle: Markus Gilliar)

Vor ein paar Tagen haben wir Edgar „Euro-Eddy“ Schmitt ins NAKO Studienzentrum Mannheim begleitet. Heute folgt ein Interview über die wichtigsten Stationen seiner Karriere, seine Rolle als NAKO-Botschafter und das Leben nach dem Profisport.

  1. Warum nehmen Sie an der Fußballstudie teil?

Ich finde die SoccHealth-Study sehr spannend, und es interessiert mich, wie man die Langzeitfolgen einer Profikarriere bei ehemaligen Fußballern beziffern kann: Wie viele haben gesundheitliche Probleme? Und um welche Probleme handelt es sich? Ansonsten ist es natürlich auch für mich persönlich interessant, zu sehen, wo meine persönlichen Defizite liegen.

 

  1. Leiden Sie unter Langzeitfolgen Ihrer Profikarriere?

Auf jeden Fall – ich hatte u.a. Probleme mit beiden Knöcheln, hatte eine schlimme Knieverletzung, habe mir dreimal die Nase gebrochen und einmal die Hand. Ich glaube auch, dass mein Immunsystem darunter gelitten hat, dass ich oft Schmerzmittel genommen, und weitergespielt habe, statt mich zu erholen.

Als ich damals Profi war, war die Medizin im Fußball noch nicht so weit wie heute, und man hat sich keine Gedanken über Konsequenzen gemacht. Oft wurde man als Spieler im Training so belastet, dass man sich danach erst mal erholen musste. Aber ich war sehr ehrgeizig, ohne Wenn und Aber. Hätte mein Trainer gesagt „Du rennst jetzt zehnmal den Berg hoch“, hätte ich das gemacht. Heute ist das anders: Sowohl Spieler als auch Trainer sind viel gebildeter als damals. Früher hat man auf der Straße Fußball gespielt und Bildung war nicht so wichtig – ich selbst habe erst im hohen Alter, nach meiner Profikarriere, studiert. Aber heute sind Trainingsmethoden viel wissenschaftlicher und medizinischer als damals.

 

  1. Wann haben Sie mit dem Fußballspielen angefangen? Und wie kam es dazu, dass Sie Profi wurden?

Ich habe mit 4 Jahren angefangen, auf der Straße zu spielen, und mit 6 Jahren im Verein. Profi geworden bin ich erst mit 28, mein erster Profiverein war die Eintracht Frankfurt. Der Verein war auf mich aufmerksam geworden, weil ich zweimal einen Preis als bester Amateurspieler Deutschlands bekommen hatte.

 

  1. Das ist außergewöhnlich, wenn man bedenkt, wie jung die meisten Spieler heutzutage in den Profibereich kommen…

Das stimmt, das war ungewöhnlich. Ich habe nie in einer Auswahlmannschaft gespielt, diese Erfahrung fehlte mir leider. Innerhalb weniger Jahre musste ich die Defizite, die ich gegenüber den anderen Profispielern in meiner Mannschaft hatte, aufholen. Aber meine Geschichte beweist: Man kann es schaffen, wenn man ehrgeizig ist und hart arbeitet.

 

  1. Das sogenannte „Wunder vom Wildpark“ brachte Ihnen den Spitznamen „Euro-Eddy“ ein. Damals spielten Sie mit dem KSC gegen den spanischen Tabellenführer FC Valencia und gewannen mit 7:0. Vier der sieben Tore haben Sie geschossen – wie haben Sie sich nach diesem Triumph gefühlt?

Das Spiel gegen Valencia war etwas ganz Besonderes. Die Fans haben 90 Minuten lang gesungen und nach dem Spiel lagen sich wildfremde Menschen in den Armen – so etwas hatte ich noch nie erlebt.

Viele Leute haben mich schon gefragt, wie man sich bei einem solchen Spiel fühlt, aber ich muss sagen, während des Spiels ist man sehr fokussiert, man macht seinen Job und ist sich gar nicht darüber bewusst, wie außergewöhnlich das ist, was da gerade passiert. Erst nach dem Abpfiff habe ich das für mich wahrgenommen und mir gedacht: „So fühlt es sich also an, wenn man etwas ganz Großes erreicht.“ Ich war müde, aber auch gerührt. Eine Sache, an die ich mich noch gut erinnere: Nach dem Spiel kam Oliver Kahn zu mir und sagte knapp: „Geht doch!“, woraufhin ich erwiderte: „Ja, das stimmt, aber du warst auch ganz gut.“ 😊

 

  1. Wie ging es nach der Profikarriere beruflich für Sie weiter?

Es ist nie einfach, wenn man in einem Job aufhört, in dem man sehr gut war, und dann etwas ganz Neues anfangen muss. Bei Fußballern ist das der schwerste Schritt, den man sich vorstellen kann. Ich wollte in keinen anderen Bereich gehen, daher wurde ich Trainer.

Ich habe aber auch studiert: Bevor ich Profispieler wurde, war Bildung nie ein großes Thema, und ich habe mich immer zu 100% aufs Fußballspielen konzentriert. Daher hatte ich in meiner Jugend auch nur den Hauptschulabschluss gemacht. Während meiner Karriere begann ich aber, immer mehr Fachliteratur zu lesen, vor allem über Psychologie. Und mit 46 habe ich angefangen, Sportökonomie in Schmalkalden zu studieren. Der Studiengang ist speziell für ehemalige Profisportler, aber ich war damals der einzige Fußballer. Ich bin danach an einer Sporthochschule Lehrer geworden.

Zwischendurch habe ich auch zwei große Sportgeschäfte geführt, aber als mein Geschäftspartner und guter Freund, mit dem ich das zusammen gemacht habe, gestorben ist, habe ich die Geschäfte verkauft.

Heute bin ich Markenbotschafter mehrerer Firmen und habe eine eigene Fernsehsendung, den KSC Kneipentalk.

 

  1. Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Spielen Sie noch Fußball?

So gut wie gar nicht mehr; ab und zu noch bei Benefiz-Spielen, aber das geht gesundheitlich nicht mehr so gut und ist sehr anstrengend für mich. Ansonsten lese ich viel und verbringe Zeit mit meiner Familie.