Aufgrund seiner gescheiterten Flucht durfte Gerd Weber nicht mehr weiter Fußball spielen und kam sogar ins Gefängnis – aus heutiger Sicht unvorstellbar, vor allem, wenn man bedenkt, dass das alles erst 40 Jahre zurückliegt. Hier ist Teil 2 unseres Interviews mit Gerd Weber:

Foto: privat.

Foto: privat.

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Warum haben Sie nur bis zu Ihrem 25. Lebensjahr gespielt?

Weil ich Pläne hatte, aus der DDR zu fliehen, die aber gescheitert sind: Ich hatte ein Europokalspiel in den Niederlanden und wollte von dort aus in den Westen fliehen. Allerdings hatte ich einige Monate zuvor meine jetzige Frau kennengelernt und brachte es nicht übers Herz, ohne sie zu gehen. Als ich wieder zurück in der DDR war, erfuhr ich, dass die Leute, die mir bei meiner Flucht helfen wollten, mich verraten hatten. Ich musste ein Jahr ins Gefängnis und durfte nicht mehr Fußball spielen. Dieses abrupte Karriereende hat mich sehr traurig gemacht, aber heute habe ich damit meinen Frieden gemacht und erinnere mich gerne an die wunderbare Fußballzeit zurück. Einige Jahre später bin ich dann tatsächlich zusammen mit meiner Frau und meiner Tochter nach Westdeutschland geflüchtet – dieses Mal erfolgreich.

 

Wie ging es in Westdeutschland für Sie weiter?

Ich machte zunächst eine Umschulung: In der DDR hatte ich fünf Jahre lang in Leipzig studiert und wollte Diplomsportlehrer werden. Ich stand kurz vor dem Abschluss, wurde allerdings nach meinem ersten – gescheiterten – Fluchtversucht 1981 exmatrikuliert und machte nach meiner Entlassung aus dem Gefängnis eine Lehre zum KFZ-Mechaniker. Als wir dann in die Bundesrepublik kamen, wusste ich, dass ich eigentlich etwas anderes machen wollte. Daher trat ich mit 33 die zweijährige Ausbildung zum Industriekaufmann an, die ich auch erfolgreich absolvierte. Ich arbeitete zunächst im Kundendienst eines großen Autohauses, baute ein Haus für meine Familie und bin heute fast genauso lange in der Bundesrepublik Deutschland, wie ich in der DDR gewesen bin – 33 Jahre.

 

Haben Sie heute körperliche Beschwerden aus Ihrer Profizeit?

Ich leide unter Arthrose, aber das muss nicht unbedingt aus der Profizeit stammen. Allerdings habe ich ein künstliches Kniegelenk, und meine Ärzte haben mir bescheinigt, dass es zum starken Verschleiß meines Knies aufgrund der DDR-Trainingsmethoden kam: Wir mussten teilweise mit Gewichten aus 1,5 Meter Höhe springen, das war sehr gelenkschädigend. Etwa 50% meiner damaligen Mitspieler haben heute künstliche Knie- oder Hüftgelenke, das kommt sicher von der hohen Trainingsintensität. Wir haben damals am Tag zweimal 120 Minuten trainiert, heute trainieren die Profis nur einmal am Tag 90 Minuten. Wir haben auch sonntags, und sogar nach unseren Spielen noch trainiert. Das war sehr intensiv, aber dafür waren wir ausdauernd und hatten nie Wadenkrämpfe.

Meiner Meinung nach sind die heutigen Trainingsmethoden zwar schonender für die Gelenke, aber teilweise auch viel zu wissenschaftlich: Da wird mit allen möglichen Gerätschaften trainiert, alles wird gefilmt und ausgewertet, sodass das Ganze schon roboterhaft wirkt. Daran merkt man, dass sich mittlerweile vieles nur noch ums Geld dreht: Je höher man spielt, desto mehr Geld verdient man. Ob das den Fußball besser macht, muss wohl jeder für sich herausfinden…

 

Was machen Sie mittlerweile beruflich?

Ich bin mittlerweile seit anderthalb Jahren in Rente; davor habe ich 28 Jahre lang in einem Versicherungsbüro gearbeitet.

 

Was machen Sie gerne in Ihrer Freizeit? Fußball spielen?

In meiner Freizeit spiele ich nur noch selten Fußball, da die Gefahr von Verschleiß bei meinem künstlichen Kniegelenk einfach zu hoch ist. Aber 1-2 Mal im Jahr stehe ich mit der Traditionsmannschaft von Dynamo Dresden oder mit der alten DDR-Nationalmannschaft auf dem Platz. Ansonsten gehe ich gerne mit meiner Frau wandern, fahre Fahrrad und gehe 1-2 mal im Jahr Ski fahren – das ist zwar auch nicht besonders gut für die Knie, aber ein bisschen Spaß muss man auch noch haben dürfen. 😉