Update zu Corona und die Fragen nach dem Gendern in der NAKO Studie
Gendern_Titelbild_facebook

 

Sehr geehrte Leser*innen,                                                                                                                                                                                             20.08.2021

liebe NAKO-Teilnehmende,

Sommer bedeutet Sonne, Hitze, Baden, Urlaub. Doch bis jetzt hat sich der Sommer vorwiegend von seinen extremen Seiten gezeigt: entweder kühl und zu regnerisch (bis hin zu Überschwemmungen und Erdrutschen) oder zu heiß und trocken (bis zu den schwer zu bekämpfenden Waldbränden). Nach kurzen hochsommerlichen Intermezzi scheint das Wetter in Deutschland auch im letzten (meteorologischen) Sommermonat eher gemischt zu bleiben.

Was macht die Arbeit in den Studienzentren? Wie schreitet die Studie voran?

Die Corona-Pandemie beeinflusst weiterhin die Arbeit in den Studienzentren. Die Folgeuntersuchungen finden nur unter den durch die Pandemie zusätzlich eingeführten, strengen Hygienevorschriften und mit den gebotenen Sicherheitsmaßnahmen statt. Dies hat unweigerlich zu einer Verzögerung in der Zeitschiene geführt. Doch Vorsicht ist angesichts der Delta-Variante weiterhin geboten. Die Pandemieentwicklung wird in der NAKO genau beobachtet – nicht nur aus wissenschaftlicher Sicht, sondern auch aus Fürsorge unseren Mitarbeiter*innen und unseren Teilnehmer*innen gegenüber.

Wir freuen und bedanken uns dafür, dass Sie die Forschung unterstützen und Ihre Termine wahrnehmen. Ihr Beitrag ist vor allem in dieser pandemischen Situation von unschätzbarer Wichtigkeit. Die NAKO ist eine der wenigen wissenschaftlichen Studien, die in der Pandemie fortgesetzt werden konnte; die daraus gewonnenen Informationen sind enorm und wertvoll für die Gewinnung gesundheitlicher Daten auch im Hinblick auf die langfristigen Auswirkungen der Pandemie.

Gendern oder Nicht-Gender: das ist nun die Frage

Neben Corona beschäftigt auch ein anderes Thema die NAKO Community: die Gender-Frage. Über das Gendern wird in der Öffentlichkeit immer wieder und häufig kontrovers diskutiert. Gibt es einen gender-konformen Gebrauch der Sprache?

Zunächst ein Blick auf die Bedeutung von Gender in der Sprache. Was ist mit geschlechter-gerechter, sensibler Sprache gemeint?

Der im Artikel 3 Absatz 2 des Grundgesetzes verankerte Gleichberechtigung sowie -behandlung von Frauen und Männern wurde in Deutschland auch sprachlich Rechnung getragen. Doppelnennungen (Damen und Herren, Teilnehmer und Teilnehmerinnen), Schrägstrichformen (der/die Wissenschaftler/in) u. ä. sind Ausdrücke dieses erklärten Willens. Historisch sehen wir uns konfrontiert mit einer binären Sichtweise der Gesellschaft, einer zweigeschlechtlichen Gesellschaft. Nicht berücksichtigt werden dabei alle Menschen, die nicht in die Kategorien weiblich bzw. männlich passen.

Für die Gleichstellung letzterer hat der Bundestag Ende 2018 gesorgt und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts vom 10. Oktober 2017 fristgerecht zum 31. Dezember 2018 umgesetzt. Seitdem kann man im Geburtenregister neben den Angaben „männlich“, „weiblich“ oder dem Offenlassen des Geschlechtseintrages die Bezeichnung „divers“ wählen. Gendergerecht bedeutet somit nicht mehr nur eine binäre (weiblich/männlich) Auffassung der Gesellschaft.

Was ist seitdem sprachlich passiert?

Gemeinden, Universitäten sowie andere Einrichtungen und Firmen haben Versuche unternommen, eine sensible Schreibweise als Spiegelbild einer mehrgeschlechtlichen Gesellschaft zu etablieren. Hierfür wurden Zeichen im Wortinneren benutzt, z. B. Bürger:innen (Dopperpunkt) oder Bürger*innen (Sternchen) oder Bürger_innen (Gender-Gap). Diese Lösungen sind dennoch nicht unumstritten, denn sie beinhalten, wie der Rat für die Deutsche Rechtschreibung1 (RdR) und die Gesellschaft für Deutsche Sprache2 (GfdS) betonen, u. a. „erhebliche grammatische Probleme“.

Sowohl der Rat als auch die GfdS sind eindeutig der Auffassung, dass „allen Menschen mit geschlechtergerechter Sprache begegnet werden soll und sie sensibel angesprochen werden sollen“ 3. Dennoch werden beide Organe die weitere Schreibentwicklung des Deutschen beobachten, ohne normativ einzugreifen, denn „eine institutionell verordnete Umstrukturierung und Ergänzung großer Teile der deutschen Sprache steht einer natürlichen Sprachenentwicklung mit ihren natürlichen Ökonomisierungsbestrebungen konträr entgegen4.

Was bedeutet dies für den Alltag?

Aus einer Studie5 des Münchner Ifo-Instituts und der Zeitarbeitsfirma Randstad geht hervor, wie die sensible, gendergerechte Schreibweise in die Unternehmen Einzug erhalten hat.

Gender_tabell_rastadt

 

Vor allem in Stellenanzeigen hat sich die Formulierung (w/m/d) durchgesetzt, in anderen Bereichen bereiten die Schwierigkeiten6 bei einer umfassenden Umsetzung der sensiblen Schreib- und Ausdrucksweise durch das Hinzufügen von Zeichen im Wortinneren weiterhin Probleme.

NAKO Gesundheitsstudie

Es ist Auffassung des NAKO e. V., dass der Diversität in der deutschen Gesellschaft Rechnung zu tragen ist. In Ermangelung einer eindeutigen und normativen Regelung hat sich die NAKO Gesundheitsstudie für die geschlechtsneutrale Variante mit* (z. B. die Teilnehmer*innen) bzw. die substantivierte Partizipien, Adjektive oder Gerundien (z. B. die Teilnehmenden) entschieden und eingeführt, wo dies möglich, verständlich und lesbar ist.

Diese Sprachregelung berücksichtigt auch den Wunsch und das Bedürfnis NAKO Teilnehmender und NAKO Interessierter nach adäquater, geschlechterspezifischer Ansprache. Sie wird in der Kommunikation nach innen und nach außen – nach Möglichkeit – verwendet.

Uns ist auch bewusst, dass es sich dabei dennoch um eine Interimslösung mit Einschränkungen handelt. Wir hoffen auf eine offizielle, fehlerfreie und für den deutschsprachigen Raum gültige, normierende, gender-konforme Lösung, die der Diversität gerecht werden wird. In der Zwischenzeit bitten wir um Verständnis für die von uns gewählte Variante.

Viele Grüße

Das Team der NAKO Gesundheitsstudie

 

1 Der Rat ist die „maßgebende Instanz in Fragen der deutschen Rechtschreibung“ im deutschsprachigen Raum (https://www.rechtschreibrat.com/der-rat/)

2 Die GfdS ist „ein politisch unabhängiger Verein zur Pflege und Erforschung der deutschen Sprache“ (https://gfds.de/ueber-die-gfds/satzung/).

3 RdR Empfehlungen vom 26.03.2021

4 https://gfds.de/standpunkt-der-gfds-zu-einer-geschlechtergerechten-sprache/

5 Für diejenigen, die über die Auswirkungen dieses Themas erfahren möchten, anbei ein Artikel: Jede dritte deutsche Firma gendert – aber viele nur nach außen – von Christine Haas, Philipp Vetter („Die Welt“)  aus: https://www.xing-news.com/reader/news/articles/4117248?cce=em5e0cbb4d.%3AEYM2hiFVkIZrPuzWmqJpAH&link_position=digest&newsletter_id=76833&toolbar=true&xng_share_origin=email – 06.07.2021

6 Zu den unterschiedlichen Schwierigkeiten und ihren Auswirkungen siehe „Die Leitlinien der GfdS zu den Möglichkeiten des Genderings“ (https://gfds.de/standpunkt-der-gfds-zu-einer-geschlechtergerechten-sprache/

 

Der 20. Brief als PDF