Kurz vor dem Halbfinale der Fußball-Europameisterschaft haben wir den ehemaligen Fußballprofi Uwe Brunn im Rahmen der NAKO-Fußballstudie interviewt.

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Foto-Quelle: privat

 

Warum nehmen Sie an der Fußballstudie teil?

Ich finde das Konzept der Studie super! Als Leistungssportler interessiert es mich, wie sich im Alter gesundheitlich alles entwickelt, und welche Auswirkungen die Profi-Karriere auf die Gesundheit hat. Heute ist der Profisport schon viel weiter als damals. Wir haben früher aus Unwissenheit beispielsweise im Training so manche Übungen gemacht, von denen man heute weiß, dass sie schlecht für den Körper sind. Ich hoffe, die Studie hilft auch dabei, herauszufinden, was man in Zukunft im Leistungssport besser machen kann.

 

Wann haben Sie mit dem Fußballspielen angefangen? Und wie kam es dazu, dass Sie Torwart wurden?

Ich habe mit 6-7 Jahren angefangen, Fußball zu spielen. Ich bin in Westberlin aufgewachsen, und wir waren ja noch eine Generation der Straßenfußballer. Wir haben gekickt, bis es draußen dunkel wurde. Da ich „lauffaul“ war, aber ein gewisses Talent besaß, bin ich letztendlich Torwart geworden.

 

Wie wurden Sie Profi-Spieler?

Mit 13 bin ich zum BFC Preußen gewechselt, wo ich zum ersten Mal Torwarttraining bekam. Da Westberlin zu Westdeutschland gehörte, konnten wir auch am Länderpokal teilnehmen, der einmal im Jahr stattfand. Dazu reisten wir im Frühjahr 1985 nach Duisburg, und bei diesem Turnier wurde ich dann von Berti Vogts entdeckt und erhielt eine Einladung zu meiner ersten U-Nationalmannschaft. Mit 17 bin ich dann vom BFC Preußen zum 1. FC Köln gewechselt.

 

Haben Sie ein Karriere-Highlight, das Ihnen besonders in Erinnerung geblieben ist?

Ich habe sogar zwei: 1987 waren wir mit der U20-Nationalmannschaft bei der WM in Chile und wurden dort Vize-Weltmeister. Beim Finale gegen Jugoslawien, das wir knapp verloren, waren 80.000 Menschen im Stadion – das war eine unglaubliche Atmosphäre. Aber auch die vier Wochen davor, die wir in Chile verbrachten, waren wunderbar.

Mein zweites Highlight ereignete sich am 1. Juni 2000, beim Aufstiegsspiel des VfL Osnabrück gegen Union Berlin. Es kam zum Elfmeterschießen bis kurz vor Mitternacht, und da beide Mannschaften aufgrund von roten Karten nur noch zu zehnt auf dem Platz standen, musste ich – als Torwart – nach dem 9. Spieler unserer Mannschaft einen Elfmeter schießen. Davor hatte ich es geschafft, einen Elfer des gegnerischen Teams zu halten, mein eigener Schuss traf, und danach hielt ich auch noch den Elfmeter meines Torwartkollegen Kay Wehner. Das war schon etwas ganz Besonderes.

 

Sie haben Ihre Karriere aufgrund einer Verletzung beendet, spüren Sie davon Folgen davon heute noch?

Ich musste meine Karriere aufgrund eines Risses des hinteren Kreuzbandes beenden. Ein Riss des vorderen Kreuzbandes, wie er meistens vorkommt, kann operiert werden, beim hinteren Kreuzband ist das leider nicht der Fall.

Meine Verletzung ist mittlerweile 18 Jahre her, aber ich kann immer noch nur wenig Sport treiben deswegen. Ich kann damit leben; es ist nicht schön, aber es könnte natürlich auch schlimmer sein.

 

Sie haben sehr lange für den VfL Osnabrück gespielt, bleibt auch nach der Profi-Karriere eine Verbindung zum Verein bestehen?

Ich habe 12 Jahre für den VfL Osnabrück gespielt und hätte auch weitergemacht, wenn meine Verletzung nicht dazwischengekommen wäre. Zwischen 2014 und 2017 war ich zudem Vizepräsident des Vereins. Aber auch, wenn ich das mittlerweile nicht mehr bin, bleibt die Verbundenheit zum Verein natürlich bestehen, und diese Verbundenheit wird für immer da sein.

 

Was machen Sie beruflich und wie verbringen Sie Ihre Freizeit?

Seit 2004 bin ich selbstständiger Handelsvertreter einer Niedersächsischen Versicherung. In meiner Freizeit spiele ich ab und zu Golf, ansonsten habe ich einen sehr netten Freundeskreis und zwei erwachsene Kinder, mit denen ich gerne Zeit verbringe. Meine Frau und ich haben uns zudem eine Wohnung an der Ostsee gekauft, wo wir so oft wie möglich hinfahren.

 

Denken Sie, dass die deutsche Nationalmannschaft bei der WM nächstes Jahr bessere Chancen hat als bei der diesjährigen EM?

Ich hoffe, dass es bei der WM nächstes Jahr besser für die Mannschaft laufen wird. Hansi Flick hat andere Ansatzpunkte als Jogi Löw. Ich glaube mit so vielen Talenten und so vielen guten Spielern, die ihm zur Verfügung stehen, kann man schnell eine Kehrtwende schaffen, die nicht erst über Jahre hinweg entwickelt werden muss. Natürlich darf man Jogi Löws Verdienste nicht kleinreden, aber ich denke, dass wir mit Hansi Flick bei der nächsten WM besser abschneiden werden. Er hat eine tolle Art, mit den Spielern umzugehen, und mit dem nötigen Quäntchen Glück können wir weit kommen.

 

Wer ist Ihr Favorit für den EM-Titel?

Das Herz sagt natürlich Dänemark, aber fußballerisch gesehen bin ich auch ein großer Fan von Italien. Der Zusammenhalt der Mannschaft gefällt mir, und man merkt einfach, dass sie auf dem Platz eine starke Einheit bilden.